Neue Strahlenschutzverordnung verbietet Babyfernsehen – Keine Änderungen für Frauenärzte bei qualitätsgesicherten Ultraschalluntersuchungen mit medizinischer Indikation in der Schwangerschaft

Der Gesetzgeber untersagt ab 2021 Ultraschalluntersuchungen im Rahmen der Schwangerenbetreuung ohne medizinische Indikation. Künftig stellen Angebote wie Babyfernsehen, Baby-Watching etc. eine Ordnungswidrigkeit dar.

Hintergrund: Am 05.12.2018 ist die Verordnung zur weiteren Modernisierung des Strahlenschutzrechts in Kraft getreten, die eine Reihe von Einzelverordnungen beinhaltet. Eine dieser Einzelverordnungen ist die Verordnung zum Schutz vor schädlichen Wirkungen nichtionisierender Strahlung bei der Anwendung am Menschen (NiSV), die sich mit Anwendungen von Laser, intensivem Licht, elektromagnetischen Feldern und Ultraschall befasst. Im Schwerpunkt steht der Einsatz dieser Anwendungen im Bereich der Kosmetik wie z.B. zur dauerhaften Haarentfernung, Faltenglättung, Zerstörung von Fettgewebe oder der Entfernung von Tätowierungen. Die NiSV tritt erst, bis auf einzelne Ausnahmen, am 31.12.2020 in Kraft.

Der Verordnungsgeber hat in § 10 NiSV auch eine Regelung zur Anwendung von Ultraschall an Schwangeren getroffen. § 10 besagt, dass „bei den Anwendungen von Ultraschallgeräten zu nichtmedizinischen Zwecken ein Fötus nicht exponiert werden darf“. Die Verordnung definiert als nichtmedizinischen Zweck Anwendungen, die nicht den Zweck der Untersuchung und Behandlung einer Patientin oder eines Patienten, der Früherkennung von Krankheiten, der Schwangerschaftsvorsorge oder der medizinischen Forschung dienen.

Der Gesetzgeber führt in der Begründung aus: „Ultraschallanwendung zur vorgeburtlichen Diagnostik ist sehr wichtigHier wägt der Arzt im Einzelfall den Nutzen gegenüber dem Risiko ab. Mit der immer besser werdenden Bildqualität, die mit stark steigender Leistung verbunden ist, werden diese Geräte heute auch dazu verwendet, sog. Erinnerungsfilme von ungeborenen Kindern herzustellen, eine Anwendung, die keine medizinische Notwendigkeit hat („Babykino“). Im Gegensatz zu nichtmedizinischen Anwendungen mit Ultraschall bei Erwachsenen, bei denen eine positive Wirkung durch den Kunden erwünscht und deren Nebenwirkungen und Risiken wissentlich akzeptiert werden, handelt es sich bei einem Fötus um einen Dritten, einen Schutzbefohlenen, der zudem keinen Nutzen aus den Anwendungen zieht. Die für die Bildgebung notwendigen hohen Ultraschallintensitäten sind mit einem potenziellen Risiko für das Ungeborene verbunden, insbesondere da mit Beginn der Knochenbildung wesentlich mehr Schallenergie am Knochen absorbiert wird. Darüber hinaus fehlen verlässliche Untersuchungen über die Folgen dieser Anwendung………. Daher werden Ultraschallanwendungen zu einem nichtmedizinischen Zweck, wie z.B. zur reinen Bildgebung am Fötus „Babykino“, ohne dass eine ärztliche Indikation gestellt wurde, untersagt…

Die Risiken des Ultraschalls werden seit vielen Jahren kontrovers diskutiert. Gegner kritisieren den überzogenen Technikeinsatz in der Geburtsvorbereitung, die Fachkreise betonen die Vorteile der Früherkennung von sich anbahnenden Krankheitszeichen in der Schwangerschaft.

Das sogenannte Babyfernsehen wird auch in den medizinischen Fachkreisen abgelehnt. Die medizinisch korrekte transkutane und transkavitäre Ultraschalldiagnostik ist nach herrschender wissenschaftlicher Meinung für die Feten ungefährlich.

Es liegen im Übrigen keine Studienhinweise zum Schaden ergänzender Ultraschalluntersuchungen (inkl. Doppler) vor (IGEL-Monitor, Ergänzende Ultraschalluntersuchungen in der Schwangerschaft, Evidenz ausführlich vom 13.06.2016, Seite 43, https://www.igel-moni- tor.de/igel-a-z/igel/show/ergaenzende-ultraschall-untersuchungen-in-der-schwanger- schaft.html?no_cache=1).

Ultraschall in der Schwangerschaft nach NiSV

Im Rahmen der Schwangerenvorsorge nach den Mutterschaftsrichtlinien und den dort vorgesehenen Screening-Untersuchungen bzw. weiterführende Ultraschalluntersuchungen nach Indikationskatalog sind von den Neuregelungen der NiSV nicht betroffen. Ebenso ist es weiterhin möglich, medizinisch sinnvolle, aber nicht im GKV-Leistungskatalog enthaltene Ultraschalluntersuchungen im Rahmen der Schwangerenvorsorge, wie z.B. das Ersttrimesterscreening, durchzuführen. Das sogenannte Babyfernsehen zu untersagen, d.h. Ultraschalluntersuchungen, die einzig und ausschließlich dem Zweck dienen, Bilder oder Filme von dem ungeborenen Kind zu fertigen, ist Zielsetzung der Verordnung und stellt ab 31.12.2020 eine bußgeldpflichtige Ordnungswidrigkeit da.

Vom sogenannten reinen Babyfernsehen ohne medizinische Indikation ist eine Ultraschalldiagnostik, wie bspw. eine medizinisch indizierte Verlaufskontrolle abzugrenzen. Eine diesbezügliche Indikationsliste kann aufgrund individueller Gegebenheiten niemals abschließend sein. In der täglichen Routine erfolgen Beurteilungen nicht nur des Feten, sondern auch der Schwangerschaftsrahmenbedingungen, wie bspw. der Fruchtwassermenge. Auch eine Verlaufsbeobachtung der fetalen Entwicklung geht über das Erheben der fetalen Maße hinaus. Bilddokumentationen, die in diesem Rahmen erhoben werden, können den werdenden Eltern weiterhin zur Verfügung gestellt werden.

Vorstand
Berufsverband der Frauenärzte e.V.

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